Hochfrequenz (10 MHz–300 GHz)

Das hochfrequente Feld besitzt eine elektrische und eine magnetische Feld-Komponente (vgl. Kapitel Elektromagnetisches Feld). Als mögliche Wirkung auf den Menschen und biologische Systeme steht die Wärmewirkung im Vordergrund. Diese entsteht durch die periodische Anregung von Dipol-Molekülen und freien Ladungsträgern, die sich bewegen und drehen können (wie z.B. die Wassermoleküle in Wasser, Körperflüssigkeiten oder wasserhaltigen Geweben). Dabei üben die Feld-Komponenten des elektromagnetischen Feldes eine Kraftwirkung auf die geladenen Gruppen der Dipol-Moleküle und die freien Ladungsträger aus, wodurch auf die Moleküle ein Drehmoment wirkt und die freien Ladungen bewegt werden. Durch Reibung zwischen den drehenden Molekülen und/oder den bewegten Ladungen mit anderen Atomen entsteht im Gewebe Wärme.

Bei der Frage, welcher Anteil der Energie eines hochfrequenten Feldes im Körpergewebe in Wärme umgewandelt und damit absorbiert wird, spielen die Frequenz und die Stärke des Feldes sowie die Zusammensetzung des Körpergewebes (Wasser-, Fett-, Protein- und Salzgehalt) eine wichtige Rolle. Je höher die Frequenz eines elektromagnetischen Feldes ist, umso stärker wird es an der Körperoberfläche absorbiert, d.h. je höher die Frequenz des elektromagnetischen Feldes ist, desto kürzer ist die Strecke, die das Feld in den Körper eindringen kann. Konkret definiert ist die relative Eindringtiefe als jene Wegstrecke, nach der ein elektromagnetisches Feld beim Eindringen in das Gewebe nur noch 37 % seiner Ausgangs-Feldstärke besitzt. Die absolute Eindringtiefe, d.h. wie tief das Feld in einen Körper eindringen kann, hängt jedoch auch von der Ausgangs-Feldstärke ab. Bei hoher Ausgangs-Feldstärke ist die absolute Eindringtiefe grundsätzlich größer als bei kleiner Ausgangs-Feldstärke.

Die Zusammensetzung des Gewebes aus Wassermolekülen, Ionen und sonstigen Molekülen sowie deren Verteilung bestimmen die elektrischen Eigenschaften des Gewebes wie z.B. seine Leitfähigkeit. Dies hat Einfluss auf den Absorptionsgrad des Feldes in den verschiedenen Geweben. Eine höhere Leitfähigkeit z.B. aufgrund eines höheren Wasser- oder Salzgehalts verstärkt die Wechselwirkung des Feldes mit dem Gewebe und somit die Absorption und die Wärmewirkung. Dadurch nimmt die Gewebe-Erwärmung durch das Feld nicht in jedem Fall kontinuierlich von der Außenseite des Körpers nach innen ab, sondern es gibt im Körperinnern Bereiche, in denen das Gewebe lokal stärker erwärmt wird (sogenannte „Hot Spots“) oder auch weniger stark erwärmt wird als in seiner Umgebung. Zum Beispiel wird Knochen- und Fett-Gewebe wegen seines geringeren Wassergehalts weniger erwärmt als andere Gewebe. Damit zusammen hängt die gewebeabhängige Eindringtiefe des Feldes. Sie ist bei Hirn-, Fett- und Knochen-Gewebe höher als bei Muskel-Gewebe (siehe Abbildung), weil Muskel-Gewebe das Feld stärker absorbiert und mehr Feldenergie in Wärme umwandelt. Die durchschnittliche Eindringtiefe der Felder liegt z.B. im Fall von Muskelgewebe im unteren GHz-Bereich (Frequenzbereich 0,5 - 2,5 GHz, in dem u. a. Mobilfunk und Mikrowellenherd betrieben werden) bei etwa 1,5 - 0,5 cm und oberhalb von 10 GHz nur noch bei 0,2 mm und weniger.

Eindringtiefe hochfrequenter Felder in Körpergewebe in Abhängigkeit von der Frequenz und der Gewebeart (logarithmische Skalen)

Im Falle der Ganzkörper-Absorption hängt es von der frequenzabhängigen Resonanz des gesamten Körpers ab, wie stark das Feld überhaupt mit dem Körper in Wechselwirkung tritt („eingekoppelt“ wird), d.h. welcher Anteil der Feldenergie tatsächlich auf den Körper einwirkt und zur Erwärmung beiträgt. Beim Erwachsenen kommt es im Resonanz-Bereich zwischen etwa 30 bis 100 MHz zur maximalen Absorption (siehe Abbildung), weil hier die Körperabmessungen und die Wellenlänge der Felder im gleichen Größenordnungsbereich liegen (sogenannter Antenneneffekt, der auftritt, wenn die Körpergröße der halben Wellenlänge entspricht – z.B. mit 1,80 m Körpergröße bei einem 83,3 MHz-Feld, das eine Wellenlänge von 3,60 m hat). Auch die Haltung spielt hierbei eine Rolle (z.B. Stehen, Sitzen, ausgestreckte Arme). Körpergröße und Körperhaltung beeinflussen demzufolge die Ganzkörper-Absorption hochfrequenter Felder im Resonanz-Bereich. So liegt die Resonanzfrequenz bei Kindern wegen ihrer geringeren Größe bei höheren Frequenzen als bei Erwachsenen (maximale Absorption z.B. mit 1,00 m Körpergröße bei 150 MHz).

Absorption hochfrequenter Felder durch den menschlichen Körper in Abhängigkeit von der Frequenz.

Dagegen kommt es im Nahbereich von Feldquellen bei Frequenzen von etwa 300 MHz und höher zunehmend zu einer Absorption nur noch in Teilen des Körpers (Teilkörper-Absorption), weil die Wellenlängen bei diesen Frequenzen im Vergleich zu den Körperabmessungen immer kleiner werden und weil der Sender, z.B. ein Mobiltelefon, nahe am Körper ist (siehe Abbildungen „Absorption hochfrequenter Felder“ und „Teilkörper-Absorption im Kopf“). Ist die Feldquelle bei solchen Frequenzen aber weit entfernt (Fernfeld-Bedingungen, z.B. bei Mobilfunk-Antennen; vgl. Mobilfunk), wird ein sehr kleiner Bruchteil der ausgesandten Energie vom ganzen Körper absorbiert (Ganzkörper-Absorption), obwohl die Frequenzen genauso wie beim Mobiltelefon oberhalb von 300 MHz liegen. Ganzkörper-Absorption findet also auch oberhalb von 300 MHz statt, wenn die Feldquelle weit vom Körper entfernt ist. Mit zunehmender Frequenz betrifft dies aus den oben erläuterten Gründen dann nur noch die oberflächlichen Gewebe des Körpers.

Teilkörper-Absorption im Kopf beim Telefonieren mit einem Handy. Die höchsten SAR-Werte treten im hellen Bereich am Ohr in den äußeren Schichten des Kopfes auf. Nach innen nimmt die Absorption (gewebeabhängig) stark ab und ist im schwarzen Bereich 100.000-fach niedriger als direkt beim Handy. Es sind auch Hot Spots sowie weniger stark absorbierende Gewebebereiche zu erkennen. (Abbilung mit freundlicher Genehmigung der IT'IS Foundation, ETH Zürich).

Zur Bestimmung und Bewertung der Feld-Absorption im Körper wird im Frequenzbereich von 3 kHz bis 10 GHz die Spezifische Absorptionsrate (SAR) verwendet (vgl. Basisgrenzwerte; zu Teilkörper- und Ganzkörper-SAR: vgl. Abschnitt „Handys und Smartphones“ im Kapitel Mobilfunk und Abschnitt „Grenzwerte im Bereich des Mobilfunks“ im Kapitel Grenzwerte in Deutschland (Allgemeinbevölkerung)).