Betroffene Organe und Gewebe

Bei Stromunfällen können verschiedene Gewebe und Organe im Körper geschädigt werden, wobei jeweils auch unterschiedliche Wirkungsmechanismen zugrunde liegen können. Im Folgenden werden häufig betroffene Gewebe mit ihren jeweils für einen Stromunfall typischen Schädigungen aufgeführt.

Peripheres und zentrales Nervensystem
Als Folgen eines Stromdurchflusses durch den Körper treten beispielsweise Kopfschmerzen, Kribbeln, Bewusstlosigkeit, Bluthochdruck, Amnesie, Lähmung des Atemzentrums und Krampf-Anfälle auf.

Muskulatur
Die Erregung des Muskelgewebes bei einem Stromdurchfluss durch den Körper kann unterschiedliche Folgen haben: Muskel-Zuckungen, Stillstand des Herzens, Lähmung der Atemfunktion oder eine reflexartige Bewegung, die beispielsweise zu einem Sturz von einer Leiter führt.

Bei der Stimulation einer größeren Anzahl von Muskelzellen kann es zu dem sogenannten Nicht-Loslass-Phänomen kommen: Durch die wiederholte (tetanische) Stimulation kommt es bei dem Anfassen eines unter Wechselstrom stehenden Teils mit der Hand zu einer Kontraktion der Unterarm-Muskeln, wodurch das stromführende Teil fest umklammert wird und nicht mehr willentlich losgelassen werden kann. Da die Beuge-Muskeln des Unterarms stärker als die Streck-Muskeln sind, werden die Finger gebeugt und dadurch das Loslassen verhindert. Die Kräfte bei der Muskel-Kontraktion können so stark sein, dass es zum Bruch eines Knochens oder Auskugeln eines Gelenks kommen kann.

Herz
Bei einem Stromunfall kann es zu Herzrhythmusstörungen kommen, die unterschiedliche Wirkungen zur Folge haben können. Bei einem ausreichend großen Stromfluss durch den menschlichen Körper kann es im Herzen zu Herzkammerflimmern durch ein sehr rasches, asynchrones Zusammenziehen und Entspannen der einzelnen Muskelfasern in der Herzkammer kommen. Als Folge wird kein Blut mehr aus dem Herzen ausgestoßen und der Körper wird nicht weiter mit Blut versorgt. Da die Herz-Muskelzellen nicht mehr spontan zu ihrem Rhythmus finden, führt Herzkammerflimmern zum Tod, wenn der Patient nicht sofort mit einem Defibrillator behandelt wird. Bei der Defibrillation wird ein einzelner starker Strompuls gegeben, durch den alle Herz-Muskelzellen vorübergehend nicht erregbar sind und dann nach der Erholungsphase die spontane Synchronisation wieder eintritt. Die Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern steigt mit der Dauer des Stromflusses durch den Körper.

Haut
Auf der Haut und im darunter liegenden Gewebe können bei einem Stromunfall vor allem Verbrennungen und tiefe Nekrosen auftreten, die je nach Ausmaß der Verletzung eine Amputation der betroffenen Gliedmaßen zur Folge haben können. Die Verletzungen an den Stromeintritts- und -austrittsstellen werden als Strommarken bezeichnet. Wenn es durch Verbrennungen zu einem Haut-Durchbruch und damit zum Verlust des Haut-Widerstands kommt, nimmt der Körperwiderstand stark ab.