Niederfrequenz (0,1 Hz–1 kHz)

Bei niederfrequenten Feldern werden das elektrische Feld und das magnetische Feld getrennt betrachtet. Sie üben unterschiedliche Wirkungen auf den Menschen und biologische Systeme aus. Bei der Einwirkung niederfrequenter Magnetfelder auf den Menschen werden im Körper elektrische Felder und Ströme erzeugt. Die im Körper induzierten Felder und Ströme treten in Wechselwirkung mit den körpereigenen elektrischen Feldern und Stromflüssen, die bei biologischen Funktionen eine entscheidende Rolle spielen (z.B. bei der Reizweiterleitung in Nerven oder bei der Signalübertragung an Zellmembranen durch Ionen-Flüsse). Niederfrequente elektrische Felder beeinflussen außerdem die elektrische Ladung auf der Körperoberfläche. Bei niedrigen magnetischen Flussdichten bzw. Feldstärken unterhalb der Grenzwerte für die berufliche Exposition sind diese Wirkungen meist nicht spürbar und stellen keine Gesundheitsgefahr dar (LUBW, S. 104-105).

Generell hängt die Wirkung der Felder auf den Menschen von der Stärke der Felder, der Frequenz der Felder, der Orientierung des Körpers in den Feldern sowie dem Abstand des Menschen von der Feldquelle ab. Mit größerem Abstand werden die Felder schwächer. Bei elektrischen Feldern spielen außerdem die anatomischen Merkmale des Körpers (wie Querschnittsfläche, Form und Haltung) in Relation zur Richtung des Feldes sowie die Erdung des Körpers eine Rolle.

Niederfrequente elektrische Felder

Äußere niederfrequente elektrische Felder werden durch die Anwesenheit eines Körpers verzerrt und erzeugen auf dessen Oberfläche durch Ladungsverschiebung eine elektrische Feldstärke, die je nach Größe und Form, Körperregion, Erdung des Körpers und Ausrichtung im Feld unterschiedlich stark ist. Dadurch kommt es, wie bei statischen elektrischen Feldern, zur elektrischen Aufladung von Oberflächen, wie zum Beispiel der Hautoberfläche und den darauf befindlichen Haaren. Je nach Stärke der elektrischen Felder können diese Oberflächenwirkungen aufgrund von Mikro-Entladungen und der Bewegung von Haaren, die sich gegenseitig abstoßen und dabei aufrichten, spürbar sein. Gesundheitsrelevante direkte Wirkungen niederfrequenter elektrischer Felder durch Aufladung der Körperoberfläche sind jedoch – abgesehen von möglichem Stress aufgrund der längeren Einwirkung von Mikroschocks (vgl. Statische Felder (0 Hz)) – derzeit nicht bekannt (ICNIRP, S. 819).

Zusätzlich zu den Oberflächenwirkungen kommt es jedoch bei der Einwirkung äußerer niederfrequenter elektrischer Felder auch im Innern des Körpers durch die räumliche Verschiebung von elektrischen Ladungen (Influenz) zu räumlich unterschiedlichen Ladungsdichten. Das durch ein äußeres elektrisches 50 Hz/60 Hz-Feld im Inneren des Körpers induzierte elektrische Feld ist einige Hunderttausend bis Millionen Mal schwächer als das äußere elektrische Feld (ICNIRP, S. 819; LUBW, S. 103). Je nach Körperregion und den dort auf der Körperoberfläche erzeugten Feldstärken influenzieren sich im Körper induzierte elektrische Körperströme mit unterschiedlichen Stromdichten (siehe Abbildung), wobei eine gute Erdung des Körpers die Ströme allgemein erhöht. Die unter alltäglichen Bedingungen (z.B. durch Leitungen der Stromversorgung) erzeugten Stromdichten mit Werten von maximal einigen mA/m² sind aber zu niedrig, um eine Erregung von Nerven und Muskeln hervorzurufen und sind daher ungefährlich (vgl. Abbildung unten, „Schwellen für spürbare/messbare Wirkungen“ im Abschnitt „Niederfrequente magnetische Felder“).

Ein äußeres elektrisches Feld löst beim Menschen eine elektrische Aufladung der Körperoberfläche und (im Falle eines Wechselfelds) sehr geringe innere Körperströme aus. Die Wirkung des elektrischen Felds bleibt somit im Wesentlichen auf die Körperoberfläche beschränkt.

Niederfrequente magnetische Felder

Niederfrequente Magnetfelder dringen praktisch ungehindert in den Körper ein. Als mögliche Wirkung überwiegt die Reizwirkung durch magnetisch induzierte elektrische Felder und Körperströme (sogenannte Wirbelströme) innerhalb des Gewebes (siehe Abbildung). Die Stärke der induzierten Ströme ist abhängig von Frequenz, magnetischer Flussdichte und räumlicher Verteilung (d.h. Feldstärke und Richtung an jedem Punkt im Raum) des Magnetfeldes sowie von der Fläche des Körperquerschnitts, die vom Magnetfeld durchdrungen wird. Wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden, kann es zur wahrnehmbaren Reizung von Sinnesrezeptoren, Nerven- und Muskelzellen kommen (vgl. Abbildung unten, „Schwellen für spürbare/messbare Wirkungen“). Hierbei spielen durch die Felder verursachte Polarisationseffekte an Ionen eine Rolle, denn die Erregungsleitung in Nervenzellen wird durch Ionenströme über die Zellmembranen bewirkt.

Ein äußeres niederfrequentes Magnetfeld löst Wirbelströme im Menschen aus. Das Feld durchdringt den Körper. Die Abbildung stellt die Wirbelströme vereinfacht für den Fall dar, dass ein magnetisches Wechselfeld senkrecht auf die Körperachse einwirkt. Bei den im Alltag auftretenden Feldern unterhalb der Grenzwerte sind die beschriebenen Wirkungen induzierter Felder und Ströme nicht spürbar.

Die durch natürliche Erregung von Nerven entstehenden körpereigenen Felder haben Stromdichten von bis zu 10 mA/m2. Noch höhere Stromdichten treten lokal im Herzmuskel und im Gehirn auf (LUBW, S. 104). Durch äußere Felder erzeugte Ströme werden erst bei Stromdichten oberhalb von 10 mA/m2 durch Sinnesrezeptoren der Haut oder des Auges wahrgenommen und können bei Wiederholung zu Belästigungen oder Beeinträchtigungen führen. Erst bei lokalen Stromdichten von mehr als 100 mA/m2, die durch induzierte Felder hervorgerufen werden, entstehen akute Gesundheitsgefahren durch Nerven-, Skelettmuskel- oder Herzmuskelreizung. Ob die Wirkungen reversibel sind oder ob es zu irreversiblen Schädigungen bis hin zu Verbrennungen oder anderen Gewebeschäden kommt, hängt von der Stärke der induzierten Felder und Ströme ab.

Die Basisgrenzwerte für niederfrequente Wechselfelder (vgl. Basisgrenzwerte) bezeichnen die aus wissenschaftlichen Untersuchungen bekannten Schwellenwerte für (induzierte) interne elektrische Felder im Körper, bis zu denen die Entstehung belästigender, beeinträchtigender oder gefährlicher Körperströme (inklusive einer Sicherheitsreserve) ausgeschlossen werden kann. Da Basisgrenzwerte im Körper aber schwierig zu messen sind, werden in den Richtlinien zur Begrenzung der Wirkungen elektromagnetischer Felder auf den Menschen abgeleitete Grenzwerte genannt (vgl. Referenzwerte). Diese geben an, wie hoch die äußeren elektrischen und magnetischen Felder höchstens sein dürfen, um die Einhaltung der Basisgrenzwerte zu gewährleisten. Die Wirkungen treten in Abhängigkeit von der Frequenz der Felder bei unterschiedlichen Schwellen auf. Als Beispiel ist in der folgenden Abbildung die Grenzwertsetzung bei 50 Hz-Feldern für die Allgemeinbevölkerung dargestellt. Alle spürbaren oder messbaren Wirkungen treten erst oberhalb der einzuhaltenden Grenzwerte auf.

Schwellen für die magnetische Flussdichte und die elektrische Feldstärke (logarithmische Skalen) für spürbare oder messbare Wirkungen und die daraus abgeleiteten Grenzwerte bei 50 Hz nach der 26. BImSchV (vgl. Grenzwerte in Deutschland (Allgemeinbevölkerung) Abschnitt „Grenzwerte im Bereich von Stromleitungen“)

Bei Phosphenen handelt es sich um eine durch sogenannte inadäquate Reize (z.B. mechanische, elektrische oder magnetische Stimulierung) ausgelöste Wahrnehmung von Lichterscheinungen, die auch bei geschlossenen Augen auftritt. Phosphene können u. a. durch äußere magnetische oder elektrische Felder ausgelöst werden und äußern sich dann durch flackernde Lichtwahrnehmungen in der Peripherie des Sehfeldes. Diese werden entsprechend der Feldart als Magneto- bzw. Elektrophosphene bezeichnet. Sie werden durch die Reizung des Sehnervs oder der Nervenzellen in der Netzhaut durch im Körpergewebe induzierte elektrische Felder hervorgerufen.

Bei Frequenzen unter 100 Hz werden Phosphene durch induzierte elektrische Felder im Gewebe ab 50-100 mV/m ausgelöst (ICNIRP, S. 821). Bei der Entstehung von Magnetophosphenen werden solche induzierten elektrischen Felder im Auge durch äußere niederfrequente Magnetfelder ab einer magnetischen Flussdichte von etwa 5 mT (bei 20 Hz) hervorgerufen (bei 50 Hz liegt die Schwelle im Bereich von 10 mT; siehe Abb. „Schwellen für die magnetische Flussdichte und die elektrische Feldstärke“; vgl. ICNIRP, S. 820; Lövsund et al., 1980). Bei Elektrophosphenen liegt die Schwelle zur Reizauslösung durch äußere elektrische 50 Hz-Felder bei mehreren Hundert kV/m (vgl. Abb. „Schwellen für die magnetische Flussdichte und die elektrische Feldstärke“). Elektrische 50 Hz-Felder in dieser Höhe kommen jedoch bei heutigen technischen Prozessen oder in der Nähe von Stromleitungen im Allgemeinen nicht vor (BMAS, S. 3).

Allgemein sind Magneto- und Elektrophosphene, ebenso wie die Haarvibrationen im elektrischen Feld, reversibel und ungefährlich. Sie könnten im beruflichen Umfeld aber irritierend wirken und werden deshalb durch Festlegung entsprechender Basisgrenzwerte (Basisgrenzwerte) vermieden. Für die Allgemeinbevölkerung liegen die Basisgrenzwerte um den Faktor fünf unter den für beruflich Exponierte festgelegten Grenzwerten, die direkt unterhalb der Auslöseschwelle für Phosphene liegen (ICNIRP, S. 823).

Ernst zu nehmende Nerven- und Muskelstimulationen durch stärkere 50 Hz-Felder können sich bei von außen einwirkenden Magnetfeldern oberhalb von 500 mT (bzw. bei elektrischen Feldern von einigen Millionen V/m, BMAS, S. 3) zunächst in Form von Herzkammerflimmern äußern. Bei noch stärkeren Feldern (mindestens um den Faktor 5 höher) kommt es zu Reizungen von Nerven und Muskeln in den Extremitäten, die zu unwillkürlichen (krampfartigen) Bewegungen führen können.